Lieber Peter,
Du hast gestern auf unserem Abenteuerspielplatz in Köpenick mit Kindern, Eltern und Erzieher*innen eine Trauerfeier für das Schwein Rudi gefeiert.
1) Wie kam es dazu?
Linda Müller, unsere engagierte Verbundsleitung für Jugend in Lichtenberg, hatte mich angesprochen, ob ich nicht kurzfristig zu einem Treffen mit Steffi vom Abenteuerspielplatz (ASP) dazu kommen könne; Rudi, das Schwein, das 15Jahre in unserer SozDia-Obhut gelebt hatte, hatte 2 Tage davor eingeschläfert werden müssen und die Kinder, Eltern, Mitarbeiter*innen -die gesamte ASP-Familie- alle waren traurig.
Gemeinsam suchten wir ein Ritual, um der Trauer Raum und Form geben zu können. So wurde die Idee geboren, für eine Woche später zu einer an einer menschlichen Beerdigung angelehnten Trauerfeier und fünf Wochen später zu einem Elternabend zur kindgerechten Trauerbewältigung einzuladen.
Wichtig und beeindruckend fand ich, dass mit Hinweis auf unsere diakonische Verortung ausdrücklich Gott Erwähnung und Gebete wie Segen gesprochen werden sollten.
2) Wie hast Du für dich die Trauerfeier vorbereitet?
Eine Tiertrauerfeier war neu für mich. Das hatte ich nie gemacht, weil sie auch noch nie angefragt worden war. Aber ich finde es wichtig, dass wir die Trauer reinholen in unser Leben und als Teil unseres gottgegebenen Lebens begreifen. Auch für Tiere, die ja Teil der Schöpfung sind.
Ich hatte vorher mit dem Amt für kirchliche Dienste (AKD) telefoniert, um für den geplanten Elternabend Expert*innen inkl. Literatur anzufragen. Die Kollegin dort hatte von so einer Tiertrauerfeier auch noch nicht gehört, dafür aber einer Tiertaufe von einer Kollegin irgendwo bei Hannover. Fand ich spannend!
Die Vorbereitung der Trauerfeier für Rudi hat mich ins Nachdenken gebracht. Schweine kaufen wir ja eigentlich nur noch als Schnitzel im Supermarkt. Wer denkt beim Kaufen dann schon daran, dass das mal lebendige Wesen waren? Wir hatten bei der Vorbereitung bewusst beschlossen, nicht nach veganer oder vegetarischer Lebensweise zu fragen. Aber die Kinder hatten selbst bereits danach gefragt und die Verbindung hergestellt. Ich selbst war zufällig in den Tagen der Vorbereitung in den Social Media auf einen englischsprachigen Videoclip mit einer 5jährigen gestossen, die immer wieder zu ihrer Mutter sagte: „You can´t eat animals!“
Für die Trauerfeier selbst habe ich dann eine selbst mal gehaltene Trauerfeier für einen Menschen gekürzt, in kindliche Sprache übersetzt und statt der Ansprache haben die Kinder und ich uns dann über Rudi unterhalten.
3) Wie habt ihr Trauerfeier vorbereitet?
Ich selbst hatte mich morgens schon beim Anziehen für freundliche, auch eher feierliche Farben bei meiner Kleidung entschieden, bei der auch liturgische Gründe natürlich eine Rolle spielten: Das Weiß meines Hemdes für Christus (wie an Ostern oder Weihnachten), das Grün meiner Hose für die aufsprießende Saat (die liturgische Farbe im Sommer), das Schwarz der Schuhe und der Lederjacke als Farbe der Trauer und eine bunte Stola für die Vielfalt der Schöpfung und des Lebens.
Eine Stunde vor Beginn der Trauerfeier war ich vor Ort, denn die richtige Vorbereitung des Ortes ist immer schon mindestens die halbe Miete.
Steffi hatte alles perfekt organisiert: Die Kinder hatten in der Woche zwischen Tod und Trauerfeier kreativ ihre Trauer verarbeitet: Bilder für Rudi waren gemalt worden, Kerzen in Gläser standen bereit und einer hatte sogar aus Holzstöcken ein Kreuz gemacht.
Alle hatten zugestimmt, dass die Werke dann verbrannt werden dürfen. Das hat mich sehr gerührt.
Vor dem Schweinestall hatten die Mitarbeitenden bereits Bänke aufgestellt. Steffi hatte am Tag vor Rudis Tod noch ein schönes Foto von ihm gemacht, das sie nicht nur hatte dann groß aufziehen, sondern auch 30x in Postkartengröße hatte kopieren lassen.
Lior bereitete professionell die Feuerstelle und das „Grab“ vor, in das wir während der Trauerfeier die verbrannten Bilder versenkt haben.
Steffi hatte außerdem wunderbare weiße und rote Rosen organisiert – weiß für Christus und die Ewigkeit, rot für die Liebe.
4) Wie empfandest Du die Trauerfeier selbst?
Sehr passend! Die Kinder waren wirklich bei der Sache! Im Gespräch über Rudi im Anspracheteil der Trauerfeier stimmten wir alle überein, dass er jetzt im Himmel ist bei seinen Eltern und seinen beiden Schwestern ist, die ihn jetzt bestimmt auch da herumstupsen! 😊
Ein Kind wusste zu berichten, dass Rudi am Schluss nicht mehr so gut gehen konnte – was einen wunderbaren Verweis auf das eigene Älterwerden und die Arthrosen von uns erwachsenen Menschen möglich machte.
Sylvia, eine Ehrenamtlerin, las einen selbstgeschriebenen Text an Rudi vor. Später lernte ich von ihr, dass sie Tierkommunikatorin und auch schon lange Vegetarierin ist. Wie spannend ist das denn?
Alle waren ganz andächtig und richtig lange still, als die Flammen die Gedächtniswerke für Rudi niederbrannten. Steffi hatte dazu Musik mitgebracht, die sie hier abspielte.
Gemeinsam schaufelten die Kinder das Grab erst auf und nachher nach dem Zufüllen der Asche auch wieder zu. Sie legten die Rosen auf das Grab, an dessen Kopfende wir das Kreuz gesteckt hatten. Und dahinter schaute uns Rudi von seinem großen Foto ruhig an.
Das von Linda vorgeschlagene und von Steffi angeleitete Lied „Hasenparadies“ von Randale beendete schließlich die 40minütige kurzweilige Trauerfeier, die von den Kindern so wunderbar mitgestaltet und mitgefeiert worden war.
Herzlichen Dank an dieser Stelle an Linda, Steffi, Lior, das Team des ASP, Stephan, der für die PuK Bilder gemacht hat und allen Kindern und Familien, die Rudi ein würdevolles Lebewohl gesagt haben!